Was sind Pötze?

Der Potz Golog

„Pötze sind lustig und genießen ihre Freiheit, sich über alles zu mokieren. Sie sind Inseln der Ordnung in diesem Chaos der zwischenmenschlichen Beziehungen.“

Das hat der Künstler Walter Reinhardt einmal aufgeschrieben, um zu erklären, warum er den Potz erfunden hat. Die kleinen Figuren geistern durch sein Werk und treiben Walter Reinhardts künstlerisches Ausdrucksform auf die Spitze – meistens witzig, manchmal ironisch, bissig kommentierend oder auf ein ganz bestimmtes Ereignis in seinem Leben bezogen. Es gibt unendlich viele Variationen – und es sind unzählige weitere denkbar. Es müsste sie nur jemand malen.

Wer war Walter Reinhardt?

Walter Reinhardt

Die meisten kennen oder besser kannten ihn als Gastronom: In den 80er- und 90er-Jahren erwarb der musik- und kunstliebende gelernte Kellner die Reinhardtshöhe in Salzgitter, die er gemeinsam mit seiner späteren Frau, Küchenmeister Birgit Jahn, führte. Das Restaurant errang binnen kurzer Zeit den Ruf eines des besten niedersächsischen Restaurants. Es trug zeitweilig sogar einen Michelin-Stern und wurde von allerhand Prominenz besucht. Bis dahin war Reinhardt mehr oder weniger durchs Leben und durch die Welt getingelt. Er startete seine Gastronomen-Karriere im renommierten Frankfurter Parkhotel (heute Le Méridien), das nach seiner Wiedereröffnung zu einem Tempel der Nouvelle cuisine wurde. In den 70er-Jahren aber zog es ihn in die Welt hinaus: Er fuhr als Kellner und Barkeeper zur See. Regelmäßiges Ziel auf den Weltreisen war New York, wo er ebenso wie daheim in Frankfurt und später in München tief in die Kulturszene eintauchte, in den Jazzclubs versackte, mit Musikern und Künstlern philosophierte und durch die Museen streifte. Das zunächst angestrebte Kunststudium an der Städel-Schule ließ er sausen. In den Seefahrtpausen organisierte er als Substitut in München Events für Neckermann und zog mit seiner Band durch die Schwabinger Szene. Sesshaft wurde er schließlich in den 70ern in seinem Heimatort Salzgitter. Dort eröffnete endlich die ersehnte eigene Jazzkneipe, die Jazzgalerie im alten Dorf Lebenstedt, der die Reinhardtshöhe folgte.

Ein Universum an kreativen Einfällen: Die Pötze marschieren vorneweg

In seinem bewegten Leben hat der Lebenskünstler, Gastronom, Poet und Musiker ein wahres Universum an Ideen, Bildern, Gedichten, Entwürfen, Gedankensträngen und kreativen Einfällen hinterlassen. Betrachten wir seine Werke, lesen seine Tagebücher und unterhalten und mit den Menschen, die ihn gekannt haben – allen voran seine 17 Jahre jüngere Frau Birgit – gewinnen wir einen kleinen Einblick in diesen rauschhaften, ausufernden, dann wieder akribisch forschenden und kritisch-analysierenden Geist, der so oft in seinem Leben an sich selbst fast verzweifelte und dennoch immer wieder neue kreative Ideen entwickelte. Die wohl schönste davon, die zudem den wohl besten Zugang zu Reinhardts Werk und seinem Denken gewährt, ist der Potz.

Wie sieht ein Potz aus? Pötze sehen aus wie kleine Mischexistenzen aus Figur und Ornament, Mensch, Tier und Pflanze. Ein Potz ist meist ein Witz und ein Wortspiel. Reinhardt malte sie fast stets auf Postkarten, die er an seine Freund und Bekannte verschickte, entwarf sie jedoch auch „solo“ für sich, als Kommentar zum Zeitgeschehen, Erlebten oder Gesehenem. Alles kann Potz sein.
Reinhardt hat zu seinen Pötzen erst so richtig gefunden, als er seine berufliche Karriere bereits beendet hatte. Er spürte, dass aus ihm zwar kein wegweisender Maler werden würde, aber die Potz-Idee war einfach eine geniale Erfindung, die weitergeführt werden sollte! Wer die Pötze einmal in ihrer ganzen Pracht und Vielfalt erleben möchte, der sollte einmal die Villa Potzlach – das Museum von Walter Reinhardt – in Hannover-Bemerode besuchen. Dort sind in vier Räumen inklusive Flur den Arbeiten von Walter Reinhardt gewidmet. Birgit Jahn-Reinhardt freut sich über Besucher, die mehr über ihren Mann, sein Leben und seine Werke erfahren möchten, und weiß unzählige Anekdoten zu berichten.

Demnächst erscheint eine eigene kleine Publikation über die Pötze, in der noch mehr darüber zu erfahren ist, wie die Pötze entstanden sind, welches Geheimnis hinter ihren zunächst willkürlich gezeichneten Formen steckt und welche Ideen er mit den Pötzen verfolgte.

Mehr Infos findet ihr auf der Seite von Walter Reinhardt

Villa Potzlach –
Walter Reinhardt Museum der tausend Pötze, Hannover
Foto: Ralf Hansen

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