Kunstverein Langenhagen

Raum für Kunst in Zeiten von Krisen und Katastrophen

Der Kunstverein Langenhagen steht für experimentierfreudige und unkonventionelle Kunst. Auch junge und weniger bekannte Künstler erhalten hier Räume und Möglichkeiten, um Ideen und mögliche Antworten zu künstlerischen, aber auch ganz allgemeinen Fragen zu entwickeln.

Im Zentrum von Langenhagen nutzt der Verein die Räumlichkeiten einer alten Kegelbahn und dazugehörigen Garten. Seit letztem Sommer gibt es zudem den mobilen Kunstverein.

An unterschiedlichen Orten in Langenhagen fanden dabei Aktionen, an denen auch die Bürger Langenhangens aufgerufen waren teilzunehmen. Es galt, Hand anzulegen: So wurde im Juli und im Oktober gemeinsam Bauwerk errichtet, das unter Leitung von Künstler Markus Zimmermann auf dem Marktplatz errichtet wurde – als Teil einer mobilen Infrastruktur des Vereins, der sich damit mitten in den öffentlichen Raum der Stadt präsentierte.

Verantwortlich für die Aktionen ist der Kulturwissenschaftler Sebastian Stein, der seit Juli 2021 den Kunstverein leitet. Zuvor hatte der gut in der Kunstszene vernetzte 44-Jährige unter anderem in Frankreich, München und Berlin zuletzt auch wieder in seinem Heimatort Hannover an unterschiedlichen künstlerischen Projekten gearbeitet. Für ihn ist seine neuen Aufgabe gar nicht so neu ist: Denn er ist hier bereits seit 2019 aktiv. Ihm kommt natürlich zugute, dass er die örtliche Kunst- und Kulturszene gut kennt:

Sebastian Stein leitet den Kunstverein Langenhagen

„Ich bin dadurch schon im Gespräch mit verschiedenen Künstler*innen und Gruppen und weiß auch schon ein bisschen, was es in der Stadt gibt oder eben auch was fehlt. Unter anderem bin ich da im Austausch mit der Absent Academy, dem ruine hq im Nachbarschaftsladen des KÖ20 oder auch der Künstler*innen- und Kurator*innen-Residency Niki,, erläutert er. Gemeint sind damit ebenfalls experimentell arbeitende, teilweise von der Stadt geförderte Organisationen, in denen sich unter anderem in Hannover Künstler austauschen und gemeinsam Projekte entwickeln. Einen besonderen Schwerpunkt setzt Stein bei der Gestaltung seines Programm nicht, sondern will bewusst für Ideen offen bleiben: „Ich frage mich vor allem, was ein Kunstraum in dieser von Krisen und Katastrophen geprägten Zeit sein kann“, sagt Stein.

Faulheit lässt Raum für Kreativität frei

Seine aktuelle Ausstellungs- und Veranstaltungsunternehmung ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich aus einer ursprünglichen Idee etwas ganz anderes als geplant entwickeln kann: Denn eigentlich sollte es bei vielleicht besser doch nicht um Faulheit gehen – doch zu sehen ist anstelle einer Inszenierung von Lethargie, wie sie sich hier vermuten ließe, eher das Gegenteil: Nämlich Antworten auf die Frage, was passieren kann, wenn man etwas nicht tut. Künstler entwickelten Ideen dazu, was geschieht, wenn wir uns einen Freiraum für Wahrnehmung und zum Nachdenken nehmen, anstatt immer nur alles zu perfektionieren oder noch stärker anzugehen, also immer noch mehr auf etwas Bestimmtes hinarbeiten.

Die Ausstellung zeigt drei Arbeiten: Stephan Janitzky fixiert Haare aus Perücken wie fein verschlungene Linien auf Papiergrund (Bild rechts). So entstanden filigran verschlungenen Linien, die ihrer ganz eigenen Form zu folgen scheinen. Eines der Kunstwerke prangt an der Wand im Büro des Vereins und ist bereits durch das Schaufenster sichtbar: Es ist ein sich drehendes Farbrad, das wie ein überdimensionales, animiertes Logo anmutet (Philipp Messner). Etwas mehr Zeit für die Betrachtung fordert Judith Hopfs Video über einen Besuch im Park, in der sich die Protagonistin – die zugleich die Schöpferin des Films ist – offenbar der Beobachtung der Tiere und Vorgänge in ihrer Umgebung widmet: Spaziergänger passieren die Wege, Eichhörnchen huschen über die Zweige und die Wolken ziehen über den Himmel. Doch die Identität der Beobachterin scheint sich auf einmal zu verändern, als sie einer Art Klon ihrer selbst begegnet: Sie findet sich unversehens inmitten eines Ensembles von schwarz gekleideten Parkbesuchern wieder, die gemeinsam einen offenbar einstudierten Tanz aufführen.

Im Rahmen der Ausstellung sollen außerdem Veranstaltungen unter anderem zur Konversation mit Dingen, und zu naheliegenden Berufen stattfinden. Darüber ist ein Gespräch mit Kunst- und Kulturproduzent*innen aus Hannover, Hildesheim und Langenhagen zu Arbeits- und Produktionsbedingungen während und nach Covid-19 geplant.

Arbeit von Stephan Janitzky
Ausschnitt aus Judith Hopf „Die Produktion“

www.kunstverein-langenhagen.de

Das Interview ist in leicht veränderter Form erschienen in niedersachsen aktiv, Ausgabe Januar 2022

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